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Hoffnung als Vermächtnis
Zu den Filmen von Michelangelo Antonioni

Manchmal steht die Zelt still: wenn sich Gesten, Annäherungsversuche, Beziehungslosigkeiten wiederholen. In solchen Situationen dauert das gemeinsame Elend isolierter Menschen an, die währenddessen in der Illusion von Fortschritt, Nähe und GIück befangen sind. Sequenzen des Stillstands, in denen nichts passiert, in denen aber der verschärfte Blick der Kamera dem Auge neue Dimensionen vergeblicher und möglicher Entwicklungen eröffnet. Sie begegnen in den Filmen Michelangelo Antonionis immer wieder, Passagen, bei denen sich unter Umständen viel im Kopf des Zuschauers ereignet; sich ein Dialog zwischen Filmkonsument und Autor entspinnt; Unerklärliches etwas zu bedeuten beginnt; die Annäherung an unbewusst Gesuchtes gelingt und Beziehungen aufgebaut werden, die Antonioni seinen Filmpersonen konsequent verweigert.

Die Wüste, ohne Jahreszeiten, Ort der Isolation, ist die Welt, in der seine Protagonisten sich vor dem Horizont der Leere abheben, wo sie auf sich gestellt sind und - oft zu revidierende - Entscheidungen treffen. Sie erscheint als Metapher in "Il Deserto rosso" ("Rote Wüste", der erste Farbfilm des Regisseurs, 1964); die kalifornische Wüste hat Antonioni Jahre lang erkundet für "Zabriskie Point" (1970); Locke alias Robertson in "Professione Reporter" ("Beruf Reporter", 1975) wechselt in der Sahara die Identität, um nach einer Reise als Fremder durch Europa in Afrika von seiner Vergangenheit und dem Tod, der endgültigen Stagnation, eingeholt zu werden.

Über der irdischen Wüste steht die Sonne, die andere Seite von Antonionis kosmischer Metaphorik. Zu seinen frühen Schwarzweißfilmen gehören die immer regennassen Straßen. Das regelmäßig verdunkelte Licht drückt sich im Titel "La Notte" aus ("Die Nacht", es geht um die Düsternisse einer Ehe), das überraschend fehlende in "L'Eclisse" ((Sonnen)-Finsternis bzw. "Liebe 1962", das Ende einer Beziehung). Mit den Farbfilmen wird das Spektrum des Sonnenlichts zu einem Mittel der Abstraktion. Die Farben, durch die Sonne erzeugt, weisen auf eine andere Wirklichkeit hin als die des Elends: Die Sonne ist das Symbol der geglückten Gemeinschaft, eines fernen Ortes der Hoffnung wie das elitär-kommunistische Fantasie-Gemeinwesen von Antonionis Landsmann zu Renaissance-Zeiten, Tomaso Campanella, der es "Città dei Sole", "Sonnenstadt", nannte.

Den Fotografen (Lichtbildner) in "Blow up" (1967) lässt die Imagination einen Schatten auf dem Foto eines Parks sehen, er vergrößert den Ausschnitt, um mehr zu erkennen, obwohl das Raster gröber wird; der Reporter Locke ist desillusioniert, die Filmaufzeichnung eines Interviews mit einem Staatschef verfestigt die Zustände, statt sie zu erschüttern; dem Regisseur, der vergeblich eine Frau zu identifizieren versucht (in Antonionis bisher letztem Werk "Identificazione di una donna") bleibt die Geschichte von der Sonne, eine Episode, die sich durch den Film zieht und zu verstehen gibt, dass dessen Kälte und Nebel vordergründig sind. Nico erzählt die Geschichte einem Kind - Hoffnung als pädagogisches Vermächtnis.

© Matthias Kunstmann

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