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Wirtschaft ist nicht alles

21. Juli 2015

Liebe nach dem ökonomischen Prinzip wäre nicht das Wahre. So ist das bei vielem, was zum Glücklichsein wichtig ist: Es lässt sich nicht berechnen. Das rationale Denken, das in Europa entwickelt wurde und sich überall durchzusetzen versucht, will jeden Bereich des Lebens messen, in Geld bewerten und wirtschaftlich beurteilen, mit dem Risiko, schweren Schaden anzurichten. Wenn Bildung, Gesundheit oder das Soziale nur gefördert wird, um einen kurzfristigen finanziellen Nutzen zu erzielen, dann wird das Bedeutsamste missachtet. Aber das freie Denken, das menschliche Werte kennt, ist wach und wirkt der Ökonomisierung der Welt entgegen.

Achtet auf das Wertvolle, das es nicht zu kaufen gibt, ist ein guter Rat. Ein weiterer: Nehmt wahr, was ihr wirklich braucht - vielleicht eine Aufgabe, oder Zugehörigkeit, Freundschaft, Erkenntnis, Klarheit, Ruhe, Natur, Schönheit … Wer sich mit solchen Entdeckungen beschäftigt, hat weniger Bedarf an Konsum und handelt bewusster. Der materielle Luxus der Wohlstandswelt wird dann eher als hinderlich und störend empfunden. Wachstum ist dann keines mehr der Menge und Masse, sondern zum Beispiel das der Persönlichkeit oder der Gemeinschaft.

Produzieren im Übermass bis zur Sinnlosigkeit, entsprechend Verbrauchen ohne Bedacht bis zur Verschwendung sowie Reichwerden der einen auf Kosten der anderen bis zur Perversion folgen einer Ideologie, die sich in der Werbung ausdrückt. Multimediale Reklame markiert die westliche Zivilisation seit der Industrialisierung und ihrer Massenproduktion, und sie besetzt jeden verfügbaren Raum. Sie spricht Wünsche, Bedürfnisse und Sehnsüchte an, die über den praktischen Nutzen der Produkte weit hinausgehen: Lebensfreude, Anerkennung, Sicherheit, Erfüllung, Glück …, gerade das, was sich mit Geld nicht anschaffen lässt. Somit verspricht die Werbung immer wieder mehr, als die Angebote halten können. Indem Waren und Dienstleistungen als Ersatzbefriedigungen angenommen werden, wird um Marken und Objekte Kult inszeniert.

Da ist es aufklärerisch, Werbung mit Information und Gegenkampagnen (Adbusting) zu konfrontieren. Und es ist befreiend, Werbeanlagen (ausser für die ansässigen Geschäfte) von öffentlichen Plätzen zu verbannen, wie es die französische Grossstadt Grenoble vormacht. Dort hat eine neue, bürgerschaftliche und ideenreiche Mehrheit im Stadtparlament beschlossen, den Menschen und ihren Sichtweisen den Raum, das Panorama und die Gestaltungsmöglichkeiten zurückzugeben. Anstelle weltweit gleicher Werbebilder von Konzernen werden die Eigenart der Stadt, ihre Initiativen und ihre Kultur gestärkt - und damit auch die eigene Wirtschaft.

> Bitte keine Reklame! (Stadt Land Glück - BUND)
> Grenoble libère l’espace public et développe les expressions citoyennes (französisch)

maximil

[Dazu:
Geld fehlt Wert
Was tun für gutes Leben?]

Themen: Allgemein · Kultur · Natur · Politik

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