Licht aus elektrischem Strom war vor etwa 140 Jahren neu.
Zuvor brannte jedes künstliche Licht in den Häusern für sich, unabhängig von einer zentralen Versorgung mit Brennstoff: Kienspäne, Talglichter, Kerzen, Fackeln, Petroleumlampen leuchteten mit dem dafür beschafften Material. So konnten die Leute vor allem in den langen Winternächten noch einiges tun, was im Dunkeln nicht möglich gewesen wäre. Fürs Nähen oder Lesen war allerdings auch das Kaminfeuer meistens nicht hell genug, das Licht reichte jedoch zum Wollespinnen, Löffelschnitzen oder Kartenspielen. Ebenso wurde in den ersten Fabriken die Arbeit morgens und abends in Dämmerlicht getan.
Beleuchtung mit Kienspänen, dargestellt von Olaus Magnus
in seiner »Geschichte der nordischen Völker«, 1555
Dann erhellten Gaslampen Strassen, Werkstätten und Wohnungen, aber noch viel weniger als heute. Dafür wurden Gasleitungsnetze installiert, die den Brennstoff zu den Anschlüssen der Leuchten verteilten. Diese Lampen verbreiteten weiterhin Russ, störend in Innenräumen, ihre Glaskolben mussten immer wieder gereinigt werden, draussen waren Lampenputzer unterwegs. In der Industrie wurde zunehmend nachts durchgearbeitet.
Das hellere und saubere elektrische Licht war zuerst ein Luxus. Es benötigte neue Energieverteilungsnetze. Die Unternehmen, die solche modernen Lampen verkauften, waren auch im Stromgeschäft und verpflichteten ihre Kundschaft dazu, sich bei bestimmten Elektrizitätsfirmen anzuschliessen. Es gab Kohlebogenlampen, in denen der Strom zwischen Graphitstäben einen Lichtbogen erzeugte und diese fast ohne Russ abbrennen liess, und dauerhaftere Kohlefadenlampen, in denen er einen Faden im Vakuum zum Glühen brachte. Der Faden bestand später aus effizienterem Metall. Dies waren die klassischen Glühbirnen, die übliche künstliche Lichtquelle in Wohnungen bis vor einigen Jahren.
Lampen mit Kohlebogen liessen sich besonders lichtstark herstellen. Sie wurden in Scheinwerfern eingesetzt. Damit dienten sie sehr verschiedenen Zwecken: Das Militär verwendete sie seit dem Ersten Weltkrieg zum Ausleuchten von Kampfgebieten, etwa um nachts auftauchende U-Boote zu erkennen oder Flugzeuge ins Visier zu nehmen. Die Nazis faszinierten bei Propagandaveranstaltungen mit den Effekten von Himmelsstrahlern (»Lichtdom«) das Publikum. Zugleich gehörte in Theatern die Lichtgestaltung der Bühnenwerke zur Kunst.
Ballett im Scheinwerferlicht, Gemälde von Ernst Oppler, 1912
Ein neuer Kulturbereich konnte sich erst mit solchen Scheinwerferlampen entwickeln: das Kino, das sie nach der Ausleuchtung der Aufnahmen vor allem für die Filmprojektoren brauchte. Der Lichtraum füllte sich mit Bildern und Geschichten.
Claire Destinée
[Dazu:
Lichtempfinden]
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