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Die Meinung ist frei, die Wirkung nicht

10. Februar 2015

Frei sein, sagen, was wir denken, handeln, wie wir wollen - das gehört zu den Menschenrechten. Aber wir dürfen nicht alles sagen oder tun, denn unsere Freiheit endet vor den Rechten der Mitmenschen. Deshalb geht es nicht, jemanden zu beleidigen, gegen Bevölkerungsgruppen zu hetzen, religiöse oder weltanschauliche Ansichten zu beschimpfen und damit das Recht auf Menschenwürde zu verletzen. Wie eine bestimmte Meinung geäussert wird und wirkt, das ist vernünftigerweise nicht beliebig frei.

Jeden Terror gegen Meinungen wird eine rechtlich gesinnte Gesellschaft bekämpfen. Dabei ist einiges zu bedenken. Möglicherweise genügt es, so wie bei anderen Gewaltverbrechen konsequent die Gesetze anzuwenden. Die polizeilichen Mittel können auch neue Anschläge verhindern. Über dies hinaus werden viele, die sich angegriffen sehen, für freiheitliche Werte zusammenstehen.

Viele wollen sich aber nicht zugleich mit den angegriffenen Meinungen identifizieren. Dies ist auch weder nötig noch nützlich. Ebenso ist es nicht angemessen, Opfer des Terrors nachträglich zu Helden der Meinungsfreiheit zu ernennen. Damit wird in bekannten Fällen der Gewalt gegen Urheber antireligiöser Karikaturen eine falsche Front verfestigt: westliche Freiheit gegen islamische Aggression.

Diese Front ist nicht von der islamischen Welt verursacht. Vielmehr wurde sie von westlichen Medien mit aufgebaut, die ihre Meinung für überlegen halten, sich arrogant über andere Meinungen lustig machen, Zerrbilder religiöser Anschauungen zeichnen und damit andere Mitglieder der Weltgemeinschaft im In- und Ausland beleidigen, oft aus einer materialistischen Ideologie heraus. Medien, die solches verbreiten, begleiten die politischen Aggressionen mächtiger westlicher Konzerne und Staaten in vielen Gebieten der Welt, wenn es um Öl, sonstige Rohstoffe, Absatzmärkte und Kontrolle geht, seit dem Beginn des Kolonialismus bis heute.

Westlichem Terror bei militärischen Kampfeinsätzen und Drohnenangriffen fallen Menschen zum Opfer, die nicht wissen, warum. Während dergleichen eigene Taten und Wirkungen als normal gelten oder gar nicht mehr gesehen werden, wird die Schuld am Konflikt den Angehörigen anderer Kulturen angelastet, die in ihren Lebensweisen und Rechten verletzt sind und darauf auch mit Gewalt reagieren. So wird Eskalation betrieben, statt die Beziehungen anständig zu regeln. Ein Beispiel dafür ist die Politik der EU und der NATO in der Ukraine. Am schlimmsten wirkt aber seit Jahrzehnten der vom Westen gedeckte Umgang Israels mit dem palästinensischen Volk, der fortdauernd gegen die Menschenrechte, das Völkerrecht und alle Vernunft verstösst.

Es ist berechtigt und wichtig, Kritik und Satire gegen Missstände zu richten. Selbstverständlich setzen wir uns mit problematischen Meinungen, Denkweisen und Haltungen auseinander, insbesondere wenn sie Einfluss und Folgen im Zusammenleben haben. Auch über Religionen und andere Weltanschauungen muss diskutiert werden können, über Verhaltensweisen, die nicht zu den Aussagen passen, über Politik, die religiöse Anschauungen missbraucht oder ideologisch festgefahren ist. Aber die Menschenwürde ist zu achten, sie kommt sogar noch einem Verbrecher zu und erst recht denjenigen, die anderen nichts angetan haben.

Auf überzogene Kritik, Polemik oder Spott werden Betroffene, die souverän sind, nicht in gleicher Art antworten. Wenn sie nicht persönlich angesprochen sind, können sie darüber hinwegsehen. Sie können tolerant sein, auch wenn die andere Seite nicht tolerant ist. Wo Meinungen Gewalt ausdrücken oder zu Gewalttaten führen, ist Toleranz jedoch nicht mehr angebracht. Wünschenswert sind immer gute, konstruktive Argumente, Versuche, sich zu verständigen und Lösungen zu finden. Streit mag Spass machen, manche ziehen ihn mit Lust in die Länge - für alle sinnvoll ist es aber, dass Feindbilder abgehängt werden, Aufwand und Risiken eskalierender Konflikte wegfallen, Austausch zustande kommt. Nur so ist verlässliche Sicherheit zu haben. So können wir miteinander leben. Im “öffentlichen Frieden”, den unser Recht vorsieht.

Sylvie Natalicia

[Dazu:
Wirksamer Einsatz für Menschenrechte und Demokratie]

Themen: Allgemein · Kultur · Politik

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