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Das Recht geht alle an

8. November 2018

Die Regeln unseres Zusammenlebens werden durch das Recht bestimmt. Es sagt, was mir und den anderen zusteht. Zuerst sind das die Menschenrechte. Die Rechte gelten für alle. Soweit sie wirksam sind, also angewendet und geschützt werden, sorgen sie für ein freies, friedliches und weitgehend sicheres Miteinander.

Auf das gute, humane und demokratische Recht müssen wir alle achten. Grundsätzlich ist der Staat dazu da, das Recht mit Polizei, Justiz und Verwaltung zu wahren und durchzusetzen. Aber es kann sein, dass er dies nicht leistet: dass Menschen ihr Recht nicht bekommen, dass rechtslose Räume entstehen und Unrecht geschieht, sogar dass der Staat selbst das Recht bricht.

Dafür gibt es dann verschiedene Ursachen: Fehler, mangelnde Fähigkeiten und Kenntnisse von Menschen oder Institutionen; Nachlässigkeit von Verantwortlichen; Korruption; Machtmissbrauch im Amt oder beim Mandat, von Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern; zu wenig geeignetes Personal und nicht ausreichende Mittel.


Platz der Grundrechte in Karlsruhe, Sitz des Bundesverfassungsgerichts, gestaltet von Jochen Gerz mit Aussagen von Zuständigen und Betroffenen zum Recht

Deutschland wird als Rechtsstaat bezeichnet. Das soll heissen, dass Gesetze gelten, die den Menschenrechten entsprechen, und dass neue Gesetze demokratisch zustande kommen. Oft wird hier über andere Länder gesagt, dass es dort nicht so sei. Jedoch lässt auch der deutsche Staat Unrecht zu und verstösst selbst gegen Gesetze.

Die folgenden Beispiele weisen auf Lösungsbedarf hin.

Der deutsche Staat - Regierungen und Parlamente von Bund und Ländern - tut schon seit Jahrzehnten praktisch nichts gegen Gesundheitsbelastungen durch den Strassenverkehr. Schadstoffgrenzwerte werden überschritten und menschliches Leben wird gefährdet, ohne dass die Politik handelt. Längst sind zudem kriminelle Machenschaften der Autokonzerne bekannt, doch die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestages machen sich zu Komplizen und erklären womöglich das Unrecht zum Recht. Angeblich geht es um Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Mobilität. So funktioniert Mafia: Viele können von Unrecht profitieren, mehr oder weniger, auf Kosten der meisten und des Gemeinwohls.

Der deutsche Verfassungsschutz, der den Rechtsstaat verteidigen soll, hat mit neonazistischen Vereinigungen zusammengearbeitet und dadurch Gewalttaten bis zu Morden mitzuverantworten. Dies soll geheim bleiben und wahrscheinlich weitergehen, Aufklärung wird verhindert und Konsequenzen sind nicht erkennbar. Ohne intensive öffentliche Kontrolle sind die Geheimdienste eine Gefahr für Freiheit und Recht.

Militär hat immer den Zweck, Politik ausserhalb des Rechts zu betreiben, wobei Menschenrechte missachtet werden. Ebenso wird die deutsche Bundeswehr eingesetzt. Im ersten deutschen Krieg nach 1945 griff sie 1999 völkerrechtswidrig Serbien an. Auch in Afghanistan fielen ihr Kinder und andere Unbeteiligte zum Opfer. Waffenlieferungen in Konfliktgebiete und Diktaturen werden von der Bundesrepublik nach wie vor gefördert.

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrmals Mängel der Demokratie in Deutschland festgestellt. Bei der Methode, mit der nach Bundestagswahlen die Mandate verteilt wurden, gab es Unstimmigkeiten. Die Mehrheit des Bundestages brachte erst nach einem zweiten Urteil eine brauchbare Neuregelung zuwege. Ähnlich war es nach dem Urteil des Gerichts, dass bei den Europawahlen kleine Parteien nicht benachteiligt werden dürfen. Die Regierungsparteien bauten nochmals Demokratiehindernisse auf und mussten ein zweites Mal zurechtgewiesen werden. Derzeit versuchen sie, EU-Entscheidungen als Vorwand heranzuziehen.

Demokratie ist gewiss ein preisenswertes Gut, Rechtsstaat ist aber wie das tägliche Brot, wie Wasser zum Trinken und wie Luft zum Atmen, und das beste an der Demokratie ist gerade dieses, dass nur sie geeignet ist, den Rechtsstaat zu sichern.
Gustav Radbruch, Justizminister in der Weimarer Republik

Auch in den deutschen Bundesländern gehen die Regierungen gegen die Rechte der Bürgerinnen und Bürger vor. In Nordrhein-Westfalen sollen kritische demokratische Wahlvereinigungen von den Rathäusern ferngehalten werden. In Bayern wurden der Polizei Befugnisse übertragen wie in autoritären Staaten. In Hessen haben die regierenden Parteien reiche Steuerhinterzieher geschützt, indem sie pflichtbewusste staatliche Ermittler widerrechtlich aus dem Amt warfen.

Das Recht muss für alle gleich sein - wenn dagegen manche um grosse Summen betrügen dürfen, ist zu wenig Geld da für Gemeinschaftsaufgaben, Bildung, Wohnungen und Pflege. Andererseits kann es kein Unrecht sein - was manche dennoch behaupten -, wenn der Staat wie gegenüber Zuwandernden Menschlichkeit zeigt.

Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik jederzeit dem Recht angepasst werden.
Immanuel Kant, Philosoph der Aufklärungszeit

In Deutschland gibt es traditionell zu viel Vertrauen, dass die Obrigkeit, also der Staat mit seiner Politik, alles Notwendige schon richtet und recht macht. Aber gebraucht werden kritischer Gemeinschaftssinn der Bürgerinnen und Bürger und entsprechender Einsatz sowie unabhängige Medien. Nur damit wird das Recht bewahrt und hilfreich weiterentwickelt, mit dem höheren Ziel der Gerechtigkeit. Das Recht kennen und schätzen lernen ist so wichtig, dass es dafür ein eigenes Fach in den Schulen geben sollte.

Matthias Kunstmann / maximil

[Dazu:
Der Weg zum Recht
Einsatz für demokratisches Zusammenleben
Die Meinung ist frei, die Wirkung nicht]

Themen: Allgemein · Politik

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